Interim Buchhalter: 10 auf 4 Stunden, dank Entscheidungsbaum
- Dennis Kulla

- 12. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Interim Buchhalter Anwendungen sind heutzutage bei Unternehmen gefragter denn je. Warum? Weil sie nicht nur Flexibilität, sondern auch Effizienz bieten. In diesem Beitrag werden wir uns mit der Automatisierung von „langweiligen“ Routinetätigkeiten beschäftigen und wie durch den Einsatz eines Entscheidungsbaums die Bearbeitungszeit typischer Prozesse von 10 Stunden auf etwa 4 Stunden verringert werden kann. Wir werden konkrete Beispiele, technische Aspekte und einen umsetzbaren 14-Tage-Plan betrachten.
Was Interim Buchhalter automatisieren und warum gerade das „Langweilige“
Wiederkehrende, regelbasierte Aufgaben in der Buchhaltung bieten den größten Effizienzhebel. Automatisierung eignet sich besonders für:
Wiederkehrende Tätigkeiten: Aufgaben, die monatlich, wöchentlich oder täglich anfallen.
Regelbasierte Entscheidungen: Klare Ideologien, die einfache Entscheidungen ermöglichen (Wenn A & B, dann C).
Geringe Ausnahmenquote: Ein Schwerpunkt auf Aufgaben mit weniger als 20 % Abweichungen.
Klare Datenquellen: Daten sollten aus strukturierten Systemen wie ERP, Bank oder DMS stammen.
Typische Beispiele in der FiBu:
Kontierung von Standard-Eingangsrechnungen: Hierzu zählen Rechnungen von Telekommunikationsdienstleistern, SaaS-Anbietern oder Mietkosten.
Bank- und Kreditkartenabstimmungen: Teilweise auch Gebührenaufteilungen sind wiederkehrende Aufgaben in der Buchhaltung.
Skonto- und Fälligkeitslogik: Automatisierte Verarbeitung von Zahlungsläufen in Bezug auf Fristen und Rabatte.
Intercompany-Abstimmungen: Überprüfung von Mengen und Preisen im Verhältnis zu Toleranzbändern.
Rückstellungsroutinen: Berücksichtigung von Urlaub und Boni mit definierten Schwellenwerten.
Diese Aufgaben bieten sich optimal zur Automatisierung an, da sie wiederholbar sind und klare Regeln folgen.

Entscheidungsbaum: Das operative Herz der Automatisierung
Der Entscheidungsbaum ist ein Schlüsselwerkzeug in der Automatisierung. Anstatt Energie in die Verteilung Dutzender Einzelregeln in Excel oder VBA zu investieren, bündeln wir diese Regeln in einen lesbaren Entscheidungsbaum. Dieser ist sowohl für Fachabteilungen als auch für Prüfer verständlich und fördert die Transparenz.
Beispiel für Eingangsrechnungen:
Rechnungstyp?
Dienstleistung → Weiter
Ware → 3-Way-Match prüfen (PO/GR/IR), sonst in Ausnahme-Queue
Betrag?
≤ 500 € → Freigabe Level 1
> 500 € → Freigabe Level 2
MwSt-Satz/Region?
DE 19 % → Konto 3xxx, Steuer-Key V19
EU RL 0 % → Konto 3yyy, Steuer-Key EG
Drittland → Konto 3zzz, Einfuhr-Logik
Lieferantengruppe: Mapping auf Standardkonto + Kostenstelle + Kostenart.
Das Ergebnis ist eine strukturierte Kontierung, Festlegung des Steuerschlüssels, Freigabelevel, sowie Zahlungsziele. Der Entscheidungsbaum agiert als eine Quelle der Wahrheit für Regeln. Änderungen werden ohne Programmierung durch eine Mapping-Tabelle vorgenommen, was für Prüfer eine transparente, nachvollziehbare Entscheidung darstellt.

Architektur leichtgewichtig: Regeln → ETL → Protokoll
Ein leichtgewichtiges System ist entscheidend für die Effizienz. Die Architektur sieht wie folgt aus:
Regeln/Mappings: Diese werden in einer Tabellenansicht gepflegt, konkretisiert für Lieferant, Betrag, Region, MwSt und Kostenstelle.
ETL-Strecken: Tools wie Power Query oder Excel-Makros lesen die Eingangsbelege und Bankdaten ein, führen sie mit den Mappings zusammen und generieren Ergebnislisten.
Protokoll: Jede Entscheidung wird dokumentiert mit Zeitstempel, Regel-ID und Bearbeiter für die GoBD (Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) und Prüfungsfindung.
Ausnahmen:
In der Regel landen weniger als 20 % der Fälle in einer Review-Queue, wodurch die Notwendigkeit menschlichen Eingreifens auf das Notwendige beschränkt bleibt.
Zahlen auf den Tisch: von 10 h → 4 h je Prozess
Ein einfaches ROI-Raster verdeutlicht die Einsparungen:
Vorher: 10 h pro Monat pro Prozess
Nachher: 4 h pro Monat → 6 h Ersparnis pro Monat
Monatlich: 6 h × 12 = 72 h/Jahr bei 45 €/h ⇒ 3.240 € jährlich
Wöchentlich: 6 h × 52 = 312 h/Jahr bei 45 €/h ⇒ 14.040 € jährlich
Setup-Kosten:
Eine einmalige Investition von z. B. 5 PT Interim Buchhalter für Regelaufnahme, Mappings, ETL und Dokumentation beträgt etwa 5.750 €.
Der Break-even Punkt liegt bei einem wöchentlichen Prozess nach ca. 5 Monaten (14.040 €/Jahr ≈ 1.170 €/Monat) und bei einem monatlichen Prozess nach etwa 21 Monaten (3.240 €/Jahr ≈ 270 €/Monat). Der Hebel skaliert proportional zur Frequenz und der Anzahl der automatisierten Prozesse.

14-Tage-Plan: vom Bauchgefühl zur belastbaren Automatik
Um die Automatisierung in der Buchhaltung erfolgreich zu implementieren, bedarf es eines klaren Plans. Hier ist ein 14-Tage-Plan:
Tag 1–3
Aufnahme & Zielbild: Interviews führen, den Prozess schneiden und die KPI-Baseline herstellen (Durchlaufzeit, Fehlerquote). Definieren Sie den Scope für 1–2 Routinen.
Tag 4–7
Entscheidungsbaum & Mapping: Sammeln und Vereinheitlichen der Regeln, Festlegung von Toleranzen und Anlage einer Mapping-Tabelle (Versionierung + Owner).
Tag 8–11
ETL & Protokoll: Power Query-Flows/Makros aufsetzen, Testläufe durchführen, Ausnahme-Queue definieren. Ergänzen Sie die Protokollfelder (Regel-ID, Zeit, Bearbeiter).
Tag 12–14
Go-Live & Übergabe: Produktivstellung mit engmaschiger Begleitung über zwei Zyklen, Feintuning. Bereitstellung von Kurzanleitungen, Video-Walkthroughs sowie Verankerung der Verantwortlichkeiten.
Governance: sauber, prüfsicher, skalierbar
Eine effiziente Governance ist entscheidend für eine belastbare Automatisierung. Einige wichtige Punkte umfassen:
Definition of Done pro Schritt: z. B. „Bankabstimmung = 0 € Differenz, Protokoll liegt vor“.
Vier-Augen-Prinzip: Für Regeln und Mappings ist ein Änderungslog notwendig.
KPIs: Verfolgen Sie die Automationsquote %, Durchlaufzeit, Ausnahmequote, Nachbuchungen und Audit Findings.
Rollback: Jede Regeländerung ist reversibel. Die Ausnahme-Queue bleibt zur Klärung offen.
Mini-Case (Kurzfassung)
Ausgangslage:
Die Bearbeitungszeit betrug 10 h pro Monat für Standard-Eingangsrechnungen und die Bankabstimmung.
Maßnahmen:
Der Entscheidungsbaum sowie die Mapping-Tabelle wurden implementiert, Power Query-Merge wurde aufgesetzt, und eine Ausnahme-Queue wurde eingerichtet.
Ergebnis:
Die Bearbeitungszeit sank auf 4 h pro Monat, Nachbuchungen verringerten sich um 30 %, PBC-Nacharbeiten um 20 %. Ein positiver Nebeneffekt war, dass das Team nun mehr Zeit für Analysen (Deckungsbeiträge, Abweichungen) nutzen konnte.
Im Fazit zeigen sich die Vorteile einer Automatisierung durch Entscheidungsbaum-Methoden klarer denn je. Wo klare Regeln gelten, ist Automatisierung mit einem Interim Buchhalter schnell und effektiv umzusetzen – transparent, revisionssicher und mit klarem ROI.
Dank der Möglichkeit, Automatisierung ohne großen Aufwand zu implementieren, können Unternehmen wertvolle Zeit sparen und sich auf strategische Analysen konzentrieren.




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