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Warum Interim Buchhalter Controlling übernehmen – und was folgt

  • Autorenbild: Dennis Kulla
    Dennis Kulla
  • 15. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

Interim Buchhalter erleben aktuell einen spannenden Wandel, der sie zunehmend stärker ins Controlling integriert. Dies geschieht nicht nur aufgrund interner Optimierungsbestrebungen, sondern auch aufgrund externer Entwicklungen wie der Digitalisierung. In diesem Blogbeitrag untersuchen wir, warum Interim Buchhalter immer mehr Aufgaben im Controlling übernehmen und welche Schritte zur erfolgreichen Integration erforderlich sind.


Der strukturelle Shift: Von Buchung zu Entscheidungsvorbereitung


Die Rolle des Interim Buchhalters hat sich drastic verändert. CFOs erkennen zunehmend, dass Interim Buchhalter nicht nur für Buchhaltungsaufgaben zuständig sind. Sie werden immer mehr in das Controlling eingesetzt, da diese Positionen Fähigkeiten besitzen, die für die Entscheidungsfindung im Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind.


Der erste Grund dafür ist die Pflicht zur Standardisierung, die durch die Einführung der E-Rechnung gefordert wird. Ab dem 01.01.2025 müssen alle Unternehmen in Deutschland E-Rechnungen empfangen können - und ab 2028 ist die Ausstellung der Rechnungen für alle Unternehmen obligatorisch. Dies führt zu einer verminderten manuellen Erfassung und mehr Möglichkeiten zur Auswertung von Daten.


Der zweite Punkt ist die technische Konvergenz zwischen Finanzwesen (FI) und Controlling (CO). SAP S/4HANA ermöglicht es, sowohl Finanz- als auch Controlling-Daten in einem einzigen, universellen Journal zu vereinen. Das beseitigt Abstimmungsaufwände und Synchronisationen in der Datenberichterstattung.


Die Automatisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) tragen ebenfalls zur Veränderung der Rolle bei. Ein erheblicher Teil der Finanzaktivitäten kann automatisiert werden. Dadurch verschiebt sich der Fokus hin zur Analyse und Entscheidungsfindung, während die Routinearbeiten abnehmen.


Close-up view of digital financial data analysis
Digitale Finanzdatenanalyse in der heutigen Zeit

Warum es ausgerechnet Interim Buchhalter sind


Interim Buchhalter sind aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten die idealen Kandidaten für diese neue Rolle im Controlling. Sie zeichnen sich durch einen Hands-on-Ansatz und umfassendes System-Know-how aus. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um KPIs entscheidungsreif zu machen und um Prozesse zu standardisieren und automatisieren.


Ein weiterer Vorteil ist ihre Schnittstellenkompetenz. Sie verstehen die Bedeutung der Integration von Workflow-Management-Systemen (DMS), Enterprise Resource Planning (ERP) und Business Intelligence (BI). Dies schafft eine einheitliche Datenbasis, die für Rolling Forecasts, Szenarien und Produktbewertung unerlässlich ist.


Darüber hinaus bringen Interim Buchhalter in der Regel ein hohes Tempo und eine starke Fähigkeit zur Übergabe in die Organisation mit. Sie implementieren Prozesse wie RACI (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) und Standard Operating Procedures (SOP) und machen sich dann überflüssig, wenn Controlling-Routinen etabliert sind.


Eye-level view of a professional financial meeting
Professionelles Treffen zur Finanzanalyse

"Kein klassischer Buchhalter mehr" – was gemeint ist


In der Zukunft wird die Rolle des Buchhalters kaum noch ausschließlich mit manuellen Buchungen assoziiert sein. Stattdessen werden neue Rollen entstehen, die die Anforderungen der modernen Wirtschaft widerspiegeln. Beispiele für diese Rollen sind:


  • Accounting Controller / Financial Operations Analyst: Diese Position vereint Regelwerkskenntnis (HGB, IFRS) mit einer analytischen Herangehensweise.

  • Close & Analytics Lead: Verantwortlich für den schnellen Abschluss, Abweichungsanalysen und Self-Service-BI.

  • Finance Data Steward: Dieser sorgt für die Qualität der Stammdaten, verwaltet ETL-Pipelines und führt Datenkontrollen durch.


Die Treiber dieser Entwicklung sind E-Rechnung, FI/CO-Integration und KI-gestützte Automatisierung. Berufsverbände erheben den Anspruch, dass Rollen sich entwickeln werden, anstatt einfach ersetzt zu werden - Urteilskraft, Ethik und Kontext bleiben menschlich und unverzichtbar.


30-60-90-Tage-Plan: So wächst Accounting ins Controlling


Um den Übergang von der Buchhaltung zum Controlling erfolgreich zu gestalten, kann ein 30-60-90-Tage-Plan von großem Nutzen sein:


Tage 1–30 (Stabilisieren)


In den ersten 30 Tagen sollte der Fokus auf der Stabilisierung der Prozesse liegen. Dazu gehören die Überprüfung von Close-SOPs, das E-Rechnungs-Workflow und die Automatisierung von AR/AP-Abstimmungen. Eine KPI-Baseline muss erstellt werden, um Fehlerquoten und Prognoseverzerrungen zu identifizieren.


Tage 31–60 (Analytik hochfahren)


In der zweiten Phase sollte die Analyse intensiviert werden. Die Auswertungen des Universal Journals (S/4HANA) sollten in die BI-Tools integriert werden. Rolling Forecasts und Treibermodelle sollten entwickelt werden, während die Kommentierung der Ergebnisse pro Verantwortlichem verpflichtend sein sollte.


Tage 61–90 (Verankern & skalieren)


In der letzten Phase müssen Szenario-Planungen durchgeführt werden, um verschiedene Geschäftseinflüsse zu reflektieren. Abweichungserklärungen müssen standardisiert werden, und Trainings könnten durchgeführt werden, um den Mitarbeitern zu helfen, vom Buchungssatz zum Business Case zu denken.


High angle view of team collaboration on financial planning
Teamarbeit zur Finanzplanung und -analyse

Gemeinsame KPIs für CFO-Steuerung


Um den Erfolg des Transformationsprozesses im Controlling zu messen, sollten bestimmte KPIs definiert werden:


  • Close-Zeit (Tage): Eine Reduzierung der Close-Zeiten ist ein Zeichen für Effizienz.

  • Nachbuchungsquote: Die Anzahl der Anpassungen sollte minimiert werden.

  • Forecast-Bias & Precision: Messen der Abweichungen zwischen Vorhersagen und tatsächlichen Ergebnissen.

  • Working-Capital-KPI: Dazu gehören Days Sales Outstanding (DSO), Days Payables Outstanding (DPO) und Bestandsdauer, die jeweils für bestimmte Verantwortungsbereiche gemessen werden.


ROI-Beispiel (6 Monate, Mittelstand)


Ein praktisches Beispiel für den ROI, den Interim Buchhalter im Mittelstand erreichen können, ist wie folgt:


  • Close-Zeit reduzieren: Durch die Optimierung kann die Close-Zeit um 3 Tage verkürzt werden. Bei einer Kreditlinie von 60 Millionen Euro und einem effektiven Zinssatz von 3 Prozent ergibt das zirka 13.500 Euro Einsparungen pro Jahr.

  • Prüfzeit reduzieren: Eine Reduzierung um 20 Prozent führt zu einem Gewinn von 4.750 Euro durch verminderte Arbeitsstunden.

  • Forecast-Fehler reduzieren: Eine Verbesserung um 15 Prozent bei der Fehlauswertung kann spezifische unternehmensabhängige Einsparungen bringen.

  • Interim-Einsatz: Bei einem Tagessatz von 1.150 Euro für 60 Personentage ergeben sich Kosten von 69.000 Euro.


Es ist weiterhin zu beachten, dass der monetäre Nutzen oft konservativ erfasst wird. Der Hauptvorteil liegt jedoch in einer besseren Entscheidungsqualität und einem optimierten Tempo, was sich in Projekten regelmäßig überproportional auszahlt.


Häufige Fragen


Heißt das, Buchhaltung wird von KI ersetzt?

Nein. Auch wenn Routinearbeiten automatisiert werden, werden die Rollen sich eher in Richtung Analyse und Beratung entwickeln. Dies wird durch aktuelle Berichte von Berufsverbänden unterstützt.


Warum ist SAP S/4HANA dafür wichtig?

SAP S/4HANA bietet die Möglichkeit, FI und CO in einer einzigen Datenbasis zusammenzuführen. Das reduziert zusätzliche Abstimmungsprozesse und verbessert die Geschwindigkeit und Konsistenz der Analysen.


Welche Regulierung beschleunigt den Wandel?

Die Einführung der B2B-E-Rechnung wird beschleunigen, dass Unternehmen ihre papierbasierten Prozesse bis 2028 eingestellen müssen.


Wie sieht Finance in 2030 aus?

Mit einem hohen Einsatz von KI in der Analyse werden Agenten einen Teil der täglichen Entscheidungen treffen, während Menschen sich auf strategische Ziele, Kontrolle und ethische Rahmenbedingungen konzentrieren.


Auf einen Blick


Der strukturelle Wandel, der das Finanzwesen betrifft, führt dazu, dass Interim Buchhalter zunehmend Verantwortung im Controlling übernehmen. Der Einsatz moderner Technologien, neue Regulierungen und die Notwendigkeit zur Standardisierung und Automatisierung verändern die Rolle des Interim Buchhalters entscheidend. Mit einem klaren Plan zur Integration und dem Fokus auf relevante KPIs können Unternehmen erfolgreich von diesen Veränderungen profitieren.


In einer Welt, wo KI und Automatisierung nicht mehr wegzudenken sind, bleibt eines klar: Die menschliche Urteilskraft und Erfahrung sind unverzichtbar. Es wird nicht nur darum gehen, Rechnungen zu prüfen, sondern auch darum, Entscheidungen vorzubereiten, die die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen werden.

 
 
 

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